Ansicht des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster
Foto: Landesbildstelle Berlin
Ansicht des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster
Foto: Landesbildstelle Berlin
Urort Klosterviertel
Haben Sie schon einmal aus dem mächtigen gotischen Gemäuer der Klosterkirche hinauf in den Berliner Himmel geschaut? Eine große Vergangenheit umfängt den Besucher an diesem historischen Ort. Mit Ausnahme der Kirchenruine sind ihre sichtbaren Spuren – Langhaus, Kapitelhaus, Direktorenhaus, Pergola – gelöscht. An das langfristig gewachsene Ensemble um die Kirche erinnern die alten Fotos. Geblieben ist eine kleine Grünfläche um die Klosterkirchenruine herum.
„Das Klosterviertel, dieser Urort Berlins, schreit nach Befreiung von Brachflächen und sehnt sich nach einem menschlichen Maß und nach Bewohnern, die es in das Herz der Stadt zieht – um der Seele willen und für Berlin.“
Gregor Hohberg, Pfarrer der Evangelischen Marien- und Parochial-Gemeinde
Nachdem dieser Ort sehr lange fast in Vergessenheit geraten war, ist er seit den Planungen für die neue Mitte nach dem Mauerfall wieder präsent. Alte und neue Klosteraner aus Ost und West zusammen mit Kloster-Freunden haben in dieser Zeit einen Förderverein gegründet mit dem Ziel, auf dem Kloster-Gelände wieder eine Schule aufzubauen.
Die Berliner Verwaltung hat das in ihre Planungen aufgenommen, zumal sich ein Schulbau ideal einfügt in die im Planwerk Innenstadt vorgesehene Reurbanisierung der historischen Urzelle Berlins.
Schulbau in der Klosterstraße –
ist das machbar?
Der Förderverein hat durch eine Machbarkeitsstudie prüfen lassen, ob der Schulbau auf dem zur Verfügung stehenden Areal um die Klosterruine möglich ist. Das Planungsbüro Herwarth + Holz, das die Studie erstellt hat, kommt zu einem positiven Ergebnis. Die Studie stellt mögliche Bauvarianten zur Diskussion, sie gibt damit grünes Licht für die Weiterarbeit des Fördervereins.

Planwerk Innenstadt: Die Wiederbegründung des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster
(Ausschnitt aus dem Masterplan)
Abbildung: Herwarth + Holz



Planungsvariante aus der Machbarkeitsstudie
Abbildung: Herwarth + Holz

Die Klosterkirchenruine in Mitte
Foto: Benjamin Gutzler
Architekturstudien
Die Aufgabe, wieder eine Schule am historischen Ort in der Mitte Berlins zu bauen, ist herausfordernd. Mehrfach haben sich in den vergangenen Jahren Architekten mit dieser Aufgabe befasst. Das jüngste Beispiel ist im Rahmen eines Semesterthemas „Graues Kloster“ an der School of Architecture/FH Potsdam entstanden. Der hier gezeigte Entwurf stammt von Simon Schauer und wurde von Prof. Dieter Eckert betreut. In diesem Entwurf zeigt sich der Schulneubau unter Einbeziehung des historischen Kontexts auf bemerkenswerte Weise. Prof. Markus Tubbesing hat dieses Semester unter dem Aspekt der Denkmalspflege betreut, seine Studenten haben das Klosterareal denkmalpflegerisch bearbeitet.

Silhouette
Abbildung: Simon Schauer, betreut von Prof. Dieter Eckert

Klosterstraße
Abbildung: Simon Schauer, betreut von Prof. Dieter Eckert

Schulhof
Abbildung: Simon Schauer, betreut von Prof. Dieter Eckert
Zur Geschichte der Schule
16. Jahrhundert:
Das Franziskanerkloster wurde im Zuge der Reformation aufgelöst. In den Gebäuden des ehemaligen Klosters wurde ein humanistisches Gymnasium als öffentliche Schule errichtet. Die Schule war keine konfessionelle Schule, sie stand Menschen aller Glaubensrichtungen und Weltanschauungen offen und zeichnete sich durch große Toleranz aus. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster zur angesehensten Schule der Stadt.
17. Jahrhundert:
Die Schule konnte mit Hilfe von Spenden engagierter Bürger der Stadt mittellosen Schülern freien Unterricht ermöglichen und die Lehrergehälter besser ausstatten. Begabte Schüler von außerhalb Berlins wohnten kostenfrei in einer Kommunität, heute würde man Internat sagen. Der bekannteste Förderer und Spender des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster ist Sigismund Streit. Er hat der Schule auch seine wertvolle Gemälde-Sammlung und seine gesamte Bibliothek vermacht. Die Streitsche Stiftung besteht bis heute in Berlin und kann dort besucht werden.
18. Jahrhundert:
Der Fächerkanon wurde ausgeweitet, zusätzlich zu den wichtigen philosophischen Fächern wurden die Fächer Geschichte und Geographie eingeführt. Das Schulprogramm enthielt neben den alten Sprachen Griechisch und Latein auch die modernen Sprachen Englisch, Französisch und Italienisch – zeitweise wurden auch Russisch und Polnisch unterrichtet. Die Sprachen bildeten den elementaren Grundstock der Ausbildung am Gymnasium.
19. Jahrhundert:
Während dieses Jahrhunderts ging die Ausstrahlung des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster weit über die Landesgrenzen hinaus. So wurde das preußische Schulwesen als vorbildhaft für Schulen anderer Nationen angesehen. Es war richtungsweisend für Bildungseinrichtungen, zum Beispiel in Polen und in Russland.
20. Jahrhundert:
Im Jahr 1923 richtete das Berlinische Gymnasium eine Studienanstalt für Mädchen ein. Auch unterrichteten fortan die ersten Lehrerinnen an der Schule. Im Jahr 1926 wurde ein Seminar für Lehramtsbewerber mit den Fächern Latein und Griechisch eingerichtet. Die Schule überstand den 2. Weltkrieg, verlor jedoch ihren originären Standort durch Kriegszerstörung. Sie bestand aber weiterhin in verschiedenen ehemaligen Schulgebäuden im heutigen Berlin-Mitte. 1958 wurde der Schule der Name aus politischen Gründen aberkannt. Auf Bestreben ehemaliger Klosteraner führt seit 1963 das Evangelische Gymnasium in Schmargendorf (in der Trägerschaft der Schulstiftung der Evangelischen Kirche) als Evangelisches Gymnasium zum Grauen Kloster die Tradition des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster weiter. Diese Schule hat sich ebenfalls zu einer der angesehensten Schulen der Stadt entwickelt.
Ehemalige:
Johann Crüger (geb. 1598) | Sigismund Streit (geb. 1687) | Johann-Peter Süßmilch (geb. 1707) | Karl Philipp Moritz (geb. 1756) | Johann Gottfried Schadow (geb. 1764) | Friedrich Schleiermacher (geb. 1768) | Friedrich Ludwig Jahn (geb. 1778) | Karl Friedrich Schinkel (geb. 1781) | Johann Gustav Droysen (geb. 1808) | Johann Geog Halske (geb. 1814) | Otto von Bismarck (geb. 1815) | Emil Rathenau (geb. 1838) | James Simon (geb. 1851) | Eduard Spranger (geb. 1882) | Nathan Peter Levinson (geb. 1921) | Hans G. Dehmelt (geb. 1922) | Erwin Leiser (geb. 1923) | Hermann Prey (geb. 1929) | Joachim Schmettau (geb. 1937) | Lothar de Maizière (geb. 1940) | Monika Maron (geb. 1941) | Thekla Carola Wied (geb. 1944) | Markus Meckel (geb. 1952) | Ulrich Matthes (geb. 1959) | Florian Henckel von Donnersmarck (geb. 1973)
Streitsche Stiftung:
Auskünfte zu den Bibliotheks- und Archivbeständen des Gymnasiums sowie zu den Lehrern und Schülern des Grauen Klosters unter
Sammlungen des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster
Streitsche Stiftung
Breite Straße 30/31,
10178 Berlin-Mitte
E‑Mail: streit@zlb.de
Telefon: 030/90226 ‑724 & ‑725
Evangelisches Gymnasium zum Grauen Kloster:
Informationen finden Sie hier: www.graues-kloster.de

Ein Klassenraum
Foto: Landesbildstelle Berlin

Die zerstörte Klosterkirche nach dem 2. Weltkrieg
Foto: Landesbildstelle Berlin